Verstehen, was man bei der Prüfung tut
Fünf wichtige Fakten für die direkte Elektrolyt-Dichtheitsprüfung an Lithium-Ionen-Zellen.
Früher war es unmöglich, fertig mit Elektrolyt befüllte oder gar bereits formierte Lithium-Ionen- und Natrium-Ionen-Batteriezellen noch auf ihre Dichtheit zu testen. INFICON hat das mit dem neuen, patentierten Verfahren der direkten Elektrolyt-Dichtheitsprüfung geändert. Unser Standalone-Gerät ELT3000 PLUS und unser Einbaugerät ELT Vmax verwenden beide diese bahnbrechende Prüfmethode: Sie weisen nach, wenn Elektrolyt aus kleinsten Lecks in einstelliger Mikrometer-Größe in eine Vakuumprüfkammer austritt. Allerdings gibt es häufiger anzutreffende Fehlannahmen, die einer aussagefähigen Dichtheitsprüfung der Batteriezellen im Weg stehen können. Davor möchten wir Sie mit diesem Beitrag bewahren. Im Folgenden darum fünf Fakten, die Ihnen helfen, für Prozesssicherheit bei Ihrer Dichtheitsprüfung zu sorgen.
1. Warum Helium- und Elektrolytleckraten nie exakt umrechenbar sind
Helium ist das wohl bekannteste Spurengas für die Vakuum-Dichtheitsprüfung. Es ist als Standard etabliert. Darum werden auch die Elektrolytleckraten von Batteriezellen in der Regel in Form von Helium-Äquivalenzleckraten kalibriert. Allerdings hängen bei Flüssigkeiten die Leckraten stark von den Eigenschaften der jeweiligen Flüssigkeit ab. Da diese oftmals nicht genau bekannt sind, zeigen alle Geräte der ELT Serie, also sowohl der ELT3000 PLUS als auch der ELT Vmax, deine standardisierte Helium-Äquivalenzleckrate für 100 Prozent Dimethylcarbonat (DMC) an – unter der Bedingung, dass in der Zelle, die mit dem Lösungsmittel DMC befüllt ist, Atmosphärendruck herrscht.
Daraus folgt, dass beispielsweise eine Kalibrierung mit DMC nur dann zu einer exakt heliumäquivalenten Leckrate führen kann, wenn später Batteriezellen geprüft werden, die tatsächlich mit reinem DMC bei Atmosphärendruck gefüllt sind. Bei realen Batteriezellen, die geprüft werden müssen, ist dies jedoch nicht der Fall.
Wie genau die beiden Leckraten sich unterscheiden – auch bei sorgfältiger Kalibrierung –, hängt von vielen Faktoren ab. Zwei Beispiele verdeutlichen anhand einer vereinfachenden Modellrechnung, wie groß die Differenz in der Praxis sein kann. Es ist wichtig, dies bei der Festlegung einer geeigneten Rückweiseleckrate zu bedenken.
Fallbeispiel A: Zylindrische Zelle | |
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Fülldruck | 750 mbar |
Electrolyt | DMC-Basis (50 % DMC/50 % EC, 1.0 M LiPF6) |
Existierendes Leck mit einer Vakuum-Helium-Leckrate von: | 10-5 mbar∙l/s |
Elektrolyt-Leckrate, die ein kalibrierter Lecksucher der ELT Serie anzeigt: | 5∙10-7 mbar∙l/s |
Fallbeispiel B: Pouch-Zelle | |
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Fülldruck | 250 mbar |
Electrolyt | EMC-Basis (100 % EMC, 1.0 M LiPF6) |
Existierendes Leck mit einer Vakuum-Helium-Leckrate von: | 10-5 mbar∙l/s |
Elektrolyt-Leckrate, die ein kalibrierter Lecksucher der ELT Serie anzeigt: | 10-6 mbar∙l/s |
2. Eine Leckrate von null ist keine sinnvolle Qualitätsanforderung
Wie alle anderen physikalischen Größen kann auch eine Leckrate niemals wirklich gleich null sein. Dies ist ein grundlegendes Faktum der Physik. Und selbst wenn eine Leckrate gleich null sein könnte – es gäbe keine Möglichkeit, sie zu messen. Eine Grenzleckrate von null festzulegen ist also sinnlos. Es kommt vielmehr darauf an, die Rückweiseleckrate so zu definieren, dass keine für die Zellen schädlichen Fehlermodi mehr auftreten können.
Gravierende Fehler, die eine undichte Zelle verursachen kann
- Verlust von flüssigem Elektrolyt mit entsprechendem Kapazitätsverlust
- Eindringen von Feuchtigkeit, Reaktion mit dem Elektrolyt zu ätzender Flusssäure – mit Bildung noch größerer Lecks und weiterem Kapazitätsverlust
- Verlust der mechanischen Integrität bei Pouch-Zellen
All dies führt zum Anspruch an die Qualitätssicherung, dass sie den Austausch von Flüssigkeiten und Gasen zwischen der Batteriezelle und der Atmosphäre zuverlässig verhindern muss. Welche konkreten Anforderungen an die Leckraten sich daraus ergeben, beleuchten wir im folgenden Punkt 3.
3. Flüssigkeiten können Leckkanäle effektiv verblocken
Nicht jedes Leck an einer Batteriezelle hat fatale Auswirkungen. Dies liegt daran, dass die Zellen mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Während bei Gaslecks eine direkte Korrelation zwischen Leckdurchmesser und Leckrate besteht, trifft dies bei Flüssigkeitslecks nicht in derselben Weise zu (zumindest nicht über einen breiten Bereich von Leckkanaldurchmessern). Die gute Nachricht ist also: Kapillarkräfte können dazu führen, dass die Flüssigkeit, die sich im Leckkanal befindet, ihn einfach blockiert. Und durch solch einen verblockten Leckkanal können weder Flüssigkeit oder Gas in die Batteriezelle eindringen noch können sie entweichen. Das heißt: Ein blockierter Leckkanal darf als dicht gelten.
In einem ausführlichen SAE Paper über die Prüfung von Lithium-Ionen-Zellen haben wir das Phänomen der Leckkanalblockade und der daraus ableitbaren Leckraten umfassend und quantitativ beschrieben. Bei unseren zwei Fallbeispielen ergeben sich daraus die folgenden Grenzleckraten, die sicherstellen, dass etwaige Lecks klein genug sind, damit der Verblockungseffekt zum Tragen kommt.
Fallbeispiel A: Zylindrische Zelle | |
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Fülldruck | 750 mbar |
Electrolyt | DMC-Basis (50 % DMC/50 % EC, 1.0 M LiPF6) |
Grenzleckrate für eine effektive Verblockung möglicher Lecks | 5∙10-6 mbar∙l/s |
Fallbeispiel B: Pouch-Zelle | |
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Fülldruck | 250 mbar |
Electrolyt | EMC-based (100 % EMC, 1.0 M LiPF6) |
Grenzleckrate für eine effektive Verblockung möglicher Lecks | 5∙10-7 mbar∙l/s |
4. Undichte Zellen sind als Kalibrierungsstandard ungeeignet
Undichte Zellen zur Kalibrierung Ihres Elektrolyt-Dichtheitsprüfgeräts verwenden zu wollen, mag auf den ersten Blick als mögliche Option erscheinen. Bei näherer Betrachtung erweist sich solch ein Vorgehen aber als viel zu unzuverlässig. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen:
- Ursprünglich existierende Leckkanäle an der undichten Zelle können verstopfen.
- Eine Wiederholbarkeit der Messungen ist mit einer undichten Zelle nicht gegeben (siehe Punkt 5)
- Auf diese Weise arbeitet man nicht mit einer zertifizierten Leckrate.
- Als defektes Bauteil ist eine undichte Zelle inhärent instabil.
- Die gewünschte Leckrate durch eine bewusste Manipulation der Batteriezelle zu erreichen, ist überaus schwierig.
- Eine „Kalibrierung“ per undichter Zelle schafft keinerlei Prozesssicherheit.
Vor diesem Hintergrund ist es sehr viel zielführender, ein zertifiziertes Kalibrierleck wie das E-Check 2.0 von INFICON zu verwenden. Das E-Check 2.0 ist mit DMC-Elektrolytlösungsmittel befüllt, wird in die Vakuumkammer integriert und ist ständig betriebsbereit. So sind auch automatische, nur Sekunden dauernde Testmessungen zu voreingestellten Intervallen möglich, etwa alle zwei Stunden oder zu Beginn jeder Schicht. Anders als eine defekte Zelle ist das zertifizierte Kalibrierleck stabil gegenüber äußeren Einflüssen und weist eine definierte und stets wiederholbare Leckrate auf. Das Resultat: maximale Prozesssicherheit bei Ihrer vollautomatischen Prüfung in der Linie.
5. Die Leckrate einer undichten Zelle nimmt bei weiteren Messungen ab
Wenn man dieselbe undichte Zelle kurz hintereinander ein zweites Mal prüft, misst man dabei eine veränderte Leckrate – typischerweise eine etwas niedrigere als zuvor. Manche Anwender verleitet dies zu falschen Schlüssen. Denn dies ist kein Zeichen für die Unzuverlässigkeit des Prüfgeräts – es handelt sich vielmehr um eine reale Eigenschaft des Leckkanals.
Es ist das Prinzip der direkten Elektrolyt-Dichtheitsprüfung: Im Vakuum der Prüfkammer verdampft das Elektrolytlösungsmittel, das durch einen Leckkanal dringt. Damit wird es gleichsam zum Prüfgas, dessen Konzentration durch das Massenspektrometer im Prüfgerät nachgewiesen wird. Die Konsequenz ist, dass sich mit jeder Messung im Vakuum die Konzentration des Elektrolytlösungsmittels im Leckkanal zunächst reduziert. Nachfolgende Messungen sehen nur noch eine verringerte Konzentration des Lösungsmittels und ergeben eine entsprechend geringere Leckrate.
Wartet man zwischen zwei Messungen allerdings für eine gewisse Zeit (eine Stunde oder besser länger), erreicht das Elektrolytlösungsmittel im Leckkanal durch Diffusion wieder seine ursprüngliche Konzentration, was den Effekt des scheinbar schrumpfenden Lecks deutlich abmildert.
Die folgende Grafik zeigt beispielhaft diesen Effekt im Verlauf von sechs Messungen – anhand von drei Zellen mit unterschiedlich großen Lecks.
Die entscheidende Erkenntnis aus all diesen Überlegungen: Die Leckrate, die die ursprüngliche, erste Messung ermittelt hat, bleibt korrekt. Wollten Sie kurz danach dieselbe undichte Zelle erneut prüfen, wäre die messbare Elektrolytlösungsmittelkonzentration – und damit die messbare Leckrate – notwendigerweise geringer. Der Grund dafür ist aber nicht eine Fehlfunktion oder mangelnde Prozesssicherheit in Ihrer Prüfanlage, sondern die Physik des Leckkanals.
Fazit: Vollautomatische Prüfungen mit bewährter Prozesssicherheit
Ganz allgemein gilt: Die direkte Elektrolyt-Dichtheitsprüfung hat sich bei der Qualitätssicherung von Lithium-Ionen-Zellen absolut bewährt. Bei der industriellen Fertigung gestattet sie sogar vollautomatische 100-Prozent-Prüfungen im Takt der Produktion – mit herausragender Prozesssicherheit. Dabei hilft es allerdings, unsere fünf Hinweise zu beherzigen.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Produktseite unseres ELT Vmax. Sie können auch unser on-demand Webinar ansehen.